Wärmeleitfähigkeit Beton

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Häberle
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Wärmeleitfähigkeit Beton

Post by Häberle » Thu Nov 01, 2018 11:01 pm -1100

Hallo, WUFI- Foristen,

ich habe aktuell ein richtiges Problem mit der Eingabe eines richtigen Wertes für die Wärmeleitfähigkeit von Stahlbeton.
Ziehe ich die DIN 4108-4:2013-02 heran, wird für Betone nach DIN EN 206-1 (also Leichtbeton, Normalbeton und Schwerbeton) auf die DIN EN ISO 10456 verwiesen. Diese gibt drei Werte für Beton mittlerer Rohdichte zwischen 1,15 und 1,65 W/mK an. Beton hoher Rohdichte wird mit einem Wert von 2,0 ausgewiesen, allerdings handelt es sich hier offensichtlich jeweils nur um unbewehrten Beton (wo in aller Welt wird unbewehrter Beton im Bereich wärmetechnisch relevanter Bauteile eingesetzt?!).

Betrachte ich mir das Beiblatt 2 zur 4108, so wird in den Materialdaten für Stahlbeton ein Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 2,3 W/mK ausgewiesen. Das ist genau der Wert aus der DIN EN ISO 10456 für Beton armiert mit 1 % Stahl.
Hier stellt sich schon die nächste Frage: bei einem Bewehrungsanteil von einem Prozent bezogen auf eine Trockenrohdichte des Betons von 2.300 kg wäre der Bewehrungsanteil 23 kg/m3. Ich persönlich kenne kein einziges tragendes Bauteil, was mit so wenig Bewehrung auskommt, selbst die simpelsten Einfamilienhaus-Fundamente haben einen Bewehrungsanteil von mindestens 60 kg/m3. Betrachte ich mir eine weiße Wanne (erdberührtes Bauteil, nichts außergewöhnliches, und in Bilanzen wohl fortwährend auftauchend), sind wir bei einem Bewehrungsanteil von 8-10 %. Dementsprechend dürfte sich der Wert der Wärmeleitfähigkeit deutlich erhöhen – in der ISO 10456 ist der Sprung von 1 % Stahl auf 2 % Stahl ja schon mal 0,2 W/mK.

In WUFI ist für einen Beton C 35/45 eine Wärmeleitfähigkeit von 1,6 W/mK ausgewiesen, die Universität von Lund LTH hat 1,7 W/mK ermittelt, und zu guter letzt geistert offensichtlich unausrottbar noch der Wert von 2,1 W/mK aus der 4108-4 aus 1985 durch den Orbit.

Welcher Wert ist denn nun in gerichtsverwertbaren Berechnungen einzusetzen?
Ich bin Gerichtsgutachter und stelle mir einfach die Frage, was ich antworte, wenn mir in einer mündlichen Verhandlung mal jemand gegenübersitzt, und mir genau diese Fragen stellt.

Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.

Daniel
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Re: Wärmeleitfähigkeit Beton

Post by Daniel » Mon Jan 14, 2019 6:53 am -1100

Hallo Herr Häberle,

die Frage ist für uns auch nicht einfach zu beantworten. Wir verwenden meist einfach die Werte aus der Datenbank.

In welchen Fällen würden Sie denn erwarten, dass die exakte Wärmeleitfähigkeit des Betons einen relevanten Einfluss auf eine hygrothermische Betrachtung hat? So oder so ist der Dämmwert des Betons immer sehr gering im Vergleich zu einer zusätzlichen Wärmedämmung. Ist der Beton raumseitig, bleibt er wärmer und ggf. trockener je höher die WLF ist, auf der Außenseite kälter und ggf. nasser. Man könnte im Zweifel also außen an den oberen Rand der Bandbreite gehen und innen an den unteren Rand. Wobei in beiden Fällen die Verhältnisse wohl trotzdem nicht stark variieren - mal abgesehen davon, dass der Beton ja nicht besonders feuchteempfindlich ist.

Denken Sie an spezielle Anwendungen, bei denen dieser Einfluss größere Bedeutung haben könnte.

Mit freundlichen Grüßen
Daniel Zirkelbach
Dr.-Ing. Daniel Zirkelbach, Deputy Head of Department Hygrothermics, IBP Holzkirchen

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